Wenn sachliche Inhalte emotional interpretiert werden

In der Praxis passiert es erstaunlich häufig, dass sachliche Inhalte emotional interpretiert werden oder in einfache Zusammenhänge viel hinein interpretiert wird.

Die Ursachen dafür sind meist nicht auf den Inhalt selbst, sondern auf psychologische, soziale oder kontextuelle Faktoren zurückzuführen.

Hier ein paar Ursachen die hierfür in Frage kommen:

1. Persönliche Vorerfahrungen & Filter

  • Menschen interpretieren Informationen durch ihre eigene Geschichte (z. B. frühere Kränkungen, Misstrauen).
  • Was für dich neutral klingt, kann bei anderen unbewusst einen „Trigger“ auslösen.

Beispiel: „Ist bereits erledigt.“ kann für jemanden mit geringem Selbstwert klingen wie: „Ich bin übergangen worden.“

2. Beziehungsebene vs. Sachebene (nach Schulz von Thun)

  • Jede Nachricht hat 4 Seiten: Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung, Appell.
  • Empfänger mit sensibler Beziehungsebene hören z. B.:
    • „Du traust mir nichts zu.“
    • „Du übergehst mich.“
    • „Du willst mir etwas beweisen.“

3. Stress, Unsicherheit oder Erschöpfung

  • Unter Anspannung steigt die Wahrscheinlichkeit, neutrale Infos negativ zu deuten.
  • Dann wird die E-Mail nicht gelesen, sondern emotional gescannt – oft auf Bedrohung.

4. Fehlende nonverbale Signale

  • E-Mails lassen Tonfall, Mimik und Kontext weg. Dasselbe gilt für WhatsApp Nachrichten.
  • Empfänger füllen die Lücken mit eigenen Annahmen – besonders wenn die Beziehung belastet ist

5. Macht- und Rollendynamiken

  • Wenn jemand sich unterlegen oder übergangen fühlt, kann selbst eine harmlose Info wie eine Provokation wirken.
  • Auch unbewusste Konkurrenz oder ungelöste Konflikte im Team spielen hier oft eine Rolle.

Unter allen diesen 5 wesentlichen Punkten sind die fehlenden nonverbalen Signale und das Füllen der Lücken mit eigenen Annahmen wesentlich dafür, dass Konflikte – vor allem Konflikte auf der Beziehungsebene – nicht via Text (E-Mails, WhatsApp, etc.) gelöst werden sollen.

Es sind oft diese Annahmen (wie z.B. jemand fühle sich beleidigt, jemand sei dies oder das, …) die als falsche Annahmen eine Konfliktlösung verhindern.

So sollte man natürlich auch in ein „zu spät kommen“ zu einem Termin oder in einen bereits wieder geschlossenen Online – Raum von z.B. Zoom nicht mehr hineininterpretieren als dass eben jemand zu spät oder gar nicht kommt oder eben der Raum bereits wieder geschlossen ist. Alles andere sind Annahmen.

Natürlich kann aber auch ein solches Ignorieren von Räumen die extra zur Konfliktbearbeitung geschaffen werden einen Konflikt weiter verschärfen. Vor allem dann wenn daraus weitere Annahmen entstehen (kein Interesse?).

Und diese Annahmen müssen nicht stimmen. Ebenso bildet sich manchmal das Gefühl unterlegen zu sein wie von selbst. In solchen Fällen wird dann manchmal vorgeworfen nicht auf Augenhöhe zu kommunizieren. Bei einem ungelösten Konflikt ist so etwas typisch.

Prüfen Sie sich also einmal selbst bei einem Konflikt. Wie viel Ihres Konfliktes besteht aus Annahmen und wo lassen sich handfeste Fakten festmachen?

Oft kommen Sie zu einer Lösung indem Sie ihre eigenen Annahmen überdenken. Unwissenheit ist die Wurzel des Leidens.

Möge Unwissenheit durch Weisheit ersetzt werden zum Wohle aller Wesen.


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