In vielen Organisationen wachsen Produkte schneller als ihre Strukturen. Was als kleines internes Projekt beginnt, entwickelt sich mit der Zeit zu einem strategisch bedeutsamen Produkt. Und plötzlich stehen zwei Personen im Raum, die – bewusst oder unbewusst – Führungsverantwortung beanspruchen.
Wenn Rollen nicht formell, sondern funktional entstehen
Gerade in agilen oder dynamisch wachsenden Teams ist es keine Seltenheit, dass Führung nicht über Titel, sondern über Engagement entsteht. Wer tief im Thema ist, Entscheidungen trifft, Kundenkontakt pflegt und Visionen formuliert, wird vom Team als Führungsperson wahrgenommen und ist es auch – möglicherweise als Projektleiter, aber eben auch als Product Owner?
Parallel dazu können andere Führungskräfte – etwa aus der Geschäftsleitung oder strategischen Funktionen – berechtigtes Interesse an Einfluss und Steuerung entwickeln. Das Produkt wird sichtbar, relevant, mit Potenzial. Jetzt wird Führung plötzlich zur Frage der Abgrenzung.
Die stille Gefahr: Doppelführung
Doppelführung entsteht selten durch böse Absicht – sondern meist aus ungeklärten Rollen:
- Wer entscheidet was?
- Wer repräsentiert das Produkt nach innen und außen?
- Wer hat das letzte Wort bei Prioritäten oder Umstrukturierungen?
Fehlen klare Vereinbarungen, entstehen Reibungsverluste, Verunsicherung im Team und Konflikte, die oft nicht offen benannt werden.
Die Lösung: Co-Leadership mit Klarheit
Statt Machtkämpfe zu führen oder Zuständigkeiten zu verschleiern, kann ein Modell der bewussten Co-Leadership funktionieren – wenn es aktiv gestaltet wird.
Typische Merkmale funktionierender Co-Leadership:
- Klare Entscheidungsschnittstellen: Wer trifft welche Entscheidungen, wann ist Rücksprache nötig?
- Transparenz gegenüber dem Team: Wer hat bei welchem Thema die Führung – und warum?
- Gegenseitiger Respekt: Unterschiedliche Perspektiven werden als Bereicherung verstanden, nicht als Konkurrenz.
Dieses Modell funktioniert besonders gut, wenn eine Person die strategische Vision (Product Owner) vertritt, während eine andere die operative Umsetzung (Projekt- oder Delivery-Lead) verantwortet.
Was Organisationen lernen können
- Führung ist situativ. Sie entsteht durch Initiative, Kontextnähe und Vertrauen – nicht nur durch Titel.
- Co-Leadership ist kein Risiko – wenn es gestaltet wird. Klarheit schützt vor Konflikten, Kommunikation schafft Vertrauen.
- Rollen dürfen sich verändern. Was heute sinnvoll ist, kann morgen angepasst werden – wenn Reflexion Teil der Kultur ist.
Mondaylight-Frage zum Wochenstart:
Wo in deiner Organisation führen heute zwei Menschen gleichzeitig – vielleicht ohne, dass es offen ausgesprochen ist?
Und was könnte sich verändern, wenn ihr diesen Umstand bewusst machen und gestalten würdet?
Möge das Co-Leadership harmonieren zum Wohle aller betroffenen Wesen.
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